Mit seinem Titelbild im Juni 1998 kündigte „Volk auf dem Weg“ den Auftritt des damaligen Bundeskanzlers Dr. Helmut Kohl beim 26. Bundestreffen der LmDR in Stuttgart, für das er die Schirmherrschaft übernommen hatte, an.
Voller Trauer musste die Öffentlichkeit am 16. Juni 2017 die Nachricht vom Tod des Altbundeskanzlers Dr. Helmut Kohl (geb. am 3. April 1930 in Ludwigshafen am Rhein) zur Kenntnis nehmen.
Ohne jeden Zweifel ist damit eine der größten politischen Persönlichkeiten Deutschlands und Europas nach langem, schwerem Leiden aus dem Leben gegangen.
Seine überregionale Karriere begann er 1969 im Alter von 39 Jahren als rheinland-pfälzischer Ministerpräsident. Bereits 1976 erzielte bei der Bundestagswahl als Spitzenkandidat von CDU und CSU das überragende Ergebnis von 48,6 Prozent, was aber nicht reichte, um die sozialliberale Regierung (SPD und FDP) unter Helmut Schmidt abzulösen, die auf 50,1 Prozent der Stimmen kam,
So dauerte es noch bis 1982, ehe er das Amt als Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland antreten konnte, das er anschließend länger als jeder andere, 16 Jahre bis 1998, innehatte und mit bleibenden Inhalten füllte.
In Europa wird er als der Mann geehrt, der in entscheidendem Maße zur Realisierung der Europäischen Union beigetragen hat. In Deutschland wird er der Bundeskanzler bleiben, der 1989/90 zusammen mit Außenminister Dietrich Genscher das verwirklichte, was bis dahin kaum einer für möglich gehalten hatte – die Wiederherstellung der deutschen Einheit.
Für die Deutschen aus Russland aber wird er als der Bundeskanzler in Erinnerung bleiben, dem sie in unschätzbarer Weise ihre Rückkehr in ihre Heimat Deutschland zu verdanken haben. In welchem Ausmaß Helmut Kohl zu diesem Prozess beigetragen hat, mögen Zahlen belegen: Durften in den 38 Jahren von 1950 bis 1987 insgesamt lediglich rund 110.000 Deutsche aus der damaligen Sowjetunion ausreisen, waren es in den elf Jahren von 1988 bis 1998 rund 1,67 Millionen.
Dass ihm dieser Erfolg nicht in den Schoß fiel, betonte Helmut Kohl in seiner 40-minütigen Rede beim 26. Bundestreffen der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland am 6. Juni 1998 in Stuttgart. Er verwies auf die oft zermürbenden Verhandlungen mit der sowjetischen Führung bei den Bemühungen um Ausreiseerleichterungen für die Deutschen in der Sowjetunion und sagte wörtlich:
„Der Kommunismus ist zusammengebrochen, der Ost-West-Konflikt gehört der Vergangenheit an. Für die Russlanddeutschen sind die Grenzen offen. Ein lang ersehnter Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Wir Deutschen haben die Wiedervereinigung unseres Vaterlandes in Frieden und Freiheit erreicht. Seither konnten auch Hunderttausende unserer Landsleute aus Russland nach Deutschland kommen.
Keinen Zweifel ließ er in seiner Rede daran, dass er die Zuwanderung der Russlanddeutschen als Gewinn für die Bundesrepublik betrachte:
„Wir sind froh und dankbar dafür, dass Sie zu uns kommen konnten. Sie alle sind ein Gewinn für unser deutsches Vaterland! Sie helfen mit, Deutschland auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts vorzubereiten.
Gleichzeitig haben Sie sich die Liebe und Verbundenheit zur Heimat in einem Maße bewahrt, wie es auch für andere vorbildlich ist. Das gilt auch für die Werte und Tugenden, die das Denken und Handeln der Russlanddeutschen prägen. Es sind Werte und Tugenden, die für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft unverzichtbar sind.
An die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland appellierte er mit den Worten:
„Ich bitte Sie, lassen Sie in Ihrem Engagement nicht nach! Helfen Sie den Russlanddeutschen, die zu uns kommen, auch weiterhin ein wirkliches Zuhause in Deutschland zu finden! Und helfen Sie weiter mit, Partnerschaften zwischen der Bundesrepublik und den deutschen Siedlungsgebieten in Russland zu bauen.“
Besser hätte man das Selbstverständnis der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland nicht auf den Punkt bringen können. Wir fühlen uns dieser Aufgabe verpflichtet und werden Dr. Helmut Kohl als großen Freund der Deutschen aus Russland in dankbarer Erinnerung behalten.
Die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland
Helmut Kohl war ein überzeugter und überzeugender Verfechter der europäischen Idee. Er war auch Träger der Ehrenplakette des Bundes der Vertriebenen. 1984 – zwei Jahre, nachdem er das höchste Regierungsamt in Deutschland übernommen hatte – wurde er mit der höchsten Auszeichnung der deutschen Heimatvertriebenen geehrt, weil er sich stets – auch schon als rheinland-pfälzischer Ministerpräsident – an die Seite der deutschen Heimatvertriebenen, Aussiedler und ihrer Verbände gestellt hatte.
Unvergessen ist sein aufrichtiger Einsatz für die Interessen der in den Heimatgebieten verbliebenen Deutschen, sowohl vor als auch nach dem Fall des Eisernen Vorhanges. So haben es unzählige Aussiedler und Spätaussiedler – darunter auch ich – diesem Einsatz zu verdanken, dass sie nach Deutschland und damit in die Freiheit ausreisen und hier eine neue Heimat finden konnten. Die deutschen Heimatvertriebenen und Spätaussiedler werden Helmut Kohl stets ein ehrendes Andenken bewahren.
Aus dem Nachruf von Dr. Bernd Fabritius,
Präsident des Bundes der Vertriebenen